Von Taschkent zum Narren gehalten
Von Taschkent zum Narren gehalten
Op-Ed / Europe & Central Asia 3 minutes

Von Taschkent zum Narren gehalten

Vor fünf Jahren sah es so aus, als könnten ein paar kleine Fortschritte in Bezug auf den Respekt für Menschenrechte im Land eine Öffnung des Regimes in Usbekistan signalisieren. Taschkent stellte Leichtgläubigen aus dem Westen eine Falle, und einige fielen darauf herein.

Traurigerweise sieht es heute so aus, als begehe die EU genau denselben Fehler. Was 2002 geschah, war typische Schönwetterpolitik gegenüber dem Westen. Ein prominenter Menschenrechtsaktivist bekam seinen Reisepass zurück, zwei Menschenrechtsgruppen wurde eine offizielle Registrierung in Aussicht gestellt, und ein bekannter Aktivist wurde aus dem Gefängnis entlassen. Es war leichtgläubig zu denken, dass diese Entscheidungen irgendeine positive Trendwende einläuteten. Sie waren nicht mehr als symbolische Gesten, genau zu der Zeit, als ein führender amerikanischer Senator Taschkent besuchte und Präsident Karimow sich mit Bush in Washington traf.

Fünf Jahre später - und zwei Jahre nachdem das Regime Hunderte von unbewaffneten Demonstranten in der Stadt Andischan erschießen ließ - ist jeder Usbeke, der sich vor fünf Jahren mit mir in einem Klassenzimmer befand, entweder im Untergrund, im Exil oder im Gefängnis.

Nach allem, was passiert ist, kann man sich kaum vorstellen, dass noch irgendjemand Illusionen haben könnte, was das wahre Gesicht des Regimes in Taschkent angeht. Aber wie es scheint, hält sich die westliche Naivität hartnäckig, denn die Europäische Union (EU) ist dabei, in eine ähnliche Falle zu tappen. Während die EU und insbesondere die deutsche Ratspräsidentschaft diesen Monat ihre auf die Ereignisse in Andischan zurückgehenden Sanktionen überdenken und im Juni eine große "Zentralasien-Strategie" präsentieren werden, überlegt Taschkent offenbar, wie es Brüssel eine Aufhebung der Sanktionen und eine regimefreundliche Politik schmackhaft machen kann.

Die usbekische Regierung hat bereits einen Schritt in diese Richtung gemacht, als sie das auf sieben Jahre Gefängnis lautende, politisch motivierte Urteil vom 1. Mai gegen die Aktivistin und unabhängige Journalistin Umida Niazova milderte. Auch könnte sie irgendeinen der fünfzehn von Human Rights Watch identifizierten Menschenrechtsverfechter aus der Haft entlassen - oder vielleicht irgendeinen der etwa 700 politischen Gefangenen, die unrechtmäßig in den Gefängnissen und Nervenkliniken Usbekistans eingesperrt sind.

Aber vielleicht wird das Regime auch einen anderen Weg einschlagen und das Spiel mit den offiziellen Registrierungen erneuern. Auch hier sind Schritte im Gange. Im April entzog das Regime der Direktorin des Human-Rights-Watch-Büros in Taschkent, Andrea Berg, aufgrund angeblicher Rechtsverletzungen die Akkreditierung. Aber nachdem die deutsche Botschaft protestiert hatte, bekam sie eine dreimonatige Galgenfrist. Vielleicht ist das schon genug für Berlin, um die EU-Partner davon zu überzeugen, dass ein "Taschkenter Frühling" in der Luft liegt. Aber was passiert, wenn die Jahreszeit wechselt? Andrea Bergs Bewährungsfrist verstreicht bequemerweise, nachdem die EU ihre in Kürze anstehenden Entscheidungen fällt.

Europa sollte auf all dies nicht hereinfallen. Es sollte erkennen, dass es sich bei diesen vereinzelten, zeitweiligen Zugeständnissen nur um bewusste Symbolik handelt, die zynisch darauf gerichtet ist, ein bestimmtes Resultat im Ausland zu erzielen. Usbekistan ist ein Land, in dem brutale politische und ökonomische Unterdrückung herrscht. Und das war nie anders, seit das Land aus dem Zerfall der Sowjetunion hervorgegangen ist. In sechzehn Jahren hat sich nichts geändert, und das wird es auch unter der jetzigen Führung nicht tun.

Eingefleischte Zyniker mögen argumentieren, dass Europa angesichts des sich nicht ändernden Regimes einfach seine Prinzipien über Bord werfen und einen Deal machen sollte, um an Usbekistans Energieressourcen zu gelangen. Aber tatsächlich gibt es dort sehr wenig, das es wert wäre, seine Seele dafür zu verkaufen. Das für den Export gen Westen verfügbare Gas umfasst neun Milliarden Kubikmeter, was ungefähr elf Prozent des jährlichen Verbrauchs in Deutschland entspricht. Usbekistan ist sicherlich nicht die große Hoffnung für Europas Energiesicherheit, wie manche glauben. Insbesondere nicht, wenn man bedenkt, dass der einzige Transportweg über Russlands Gasprom-Pipelines führt, genau jenes System also, von dem die Europäer zu abhängig zu werden fürchten.

Wenn die EU ihre "Zentralasien-Strategie" fertigstellt, sollten die Mitgliedstaaten nicht versuchen, das nicht Reformierbare zu reformieren, oder erwägen, tief verwurzelte europäische Werte für minimalen ökonomischen Gewinn zu opfern. Stattdessen sollten sie sich auf Instabilität in der gesamten Region einstellen, wenn das bevölkerungsreichste Land Zentralasiens, Usbekistan, wackelt und letztendlich unter dem Gewicht der enormen Unterdrückung und der unausweichlichen gewaltsamen Gegenreaktion implodiert.

Die EU könnte den Usbeken helfen, indem sie ihnen, nicht dem unterdrückenden Regime, demonstrativ zur Seite steht. Praktisch hieße dies, dass sie das Waffenembargo und die lobenswerten Reiseverbote gegen usbekische Offizielle, die für das Massaker in Andischan verantwortlich sind, beibehalten, um Europa daran zu hindern, als Erfüllungsgehilfe bei den nächsten Greueltaten des Regimes gegen seine Bürger in Erscheinung zu treten.

Da Amerika bei den Sanktionen nie gleichzog, kann die EU rechtmäßig ihre prinzipientreue internationale Führungsrolle in Bezug auf Usbekistan beanspruchen und sollte sehr vorsichtig sein, ihre hart verdiente Glaubwürdigkeit für irgendwelche hohlen Gesten über Bord zu werfen. Besser wäre es, eine klare Botschaft zu senden, die zeigt, dass Europa Taschkents altes Spiel durchschaut hat und sich nicht zum Narren halten lässt.

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