Den Kreislauf der Gewalt brechen
Den Kreislauf der Gewalt brechen
Crimes against the Climate: Violence and Deforestation in the Amazon
Crimes against the Climate: Violence and Deforestation in the Amazon
Op-Ed / Latin America & Caribbean 2 minutes

Den Kreislauf der Gewalt brechen

In Oslo und Havanna finden Verhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC Guerilla statt. Die Hoffnung auf Frieden ist begrenzt.

Über vier Millionen Vertriebene, tausende von Minenopfern, getötete Zivilisten und Verschwundene hat der Krieg zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerilla-Organisation FARC allein in den letzten Jahren gefordert. Während in den urbanen Zentren von Bogotá und Medellín Modemessen veranstaltet werden und Luxushotels aus dem Boden schießen, fordert der Konflikt in den entlegeneren Gebieten täglich neue Opfer.

Nach zehn Jahren militärischer Offensive unter seinem Vorgänger Álvaro Uribe, setzt Präsident Juan Manuel Santos nun auf eine politische Lösung. Die anstehenden Verhandlungsrunden in Oslo und Havanna sind nicht die ersten. Seit den 80er Jahren hat es drei Versuche gegeben, gescheitert sind sie alle. Inzwischen hat die Regierung jedoch verstanden, dass der Krieg mit militärischen Mitteln nicht zu gewinnen ist. Und die Guerilla scheint einzusehen, dass der Widerstandskrieg kaum mehr als das organisatorische Überleben sichert. Jetzt, und vermutlich nur noch jetzt, besteht die Chance auf Verhandlungslösungen, die zumindest einige ihrer alten politischen Forderungen abdeckt.

Auf der Agenda stehen Themen wie ländliche Entwicklung, die Bekämpfung von Drogenanbau und –handel sowie die politische Beteiligung der FARC. Es kann aber keinen Frieden auf der Grundlage vollständiger Straffreiheit geben. Beide Seiten müssen internationale Rechtsnormen berücksichtigen, die eine Generalamnestie verbieten. Opferrechte müssen gewährleistet sein. Zudem ist die Guerilla landesweit stark diskreditiert. Zu größeren Zugeständnisse werden weite Teile der Gesellschaft nur schwer zu überreden sein. Diese Stimmungen weiß der nach wie populäre Uribe für sich zu nutzen, obwohl immer neue Anschuldigungen gegen ihn erhoben werden, in die Machenschaften der rechten Paramilitärs verwickelt zu sein. Sollten die Verhandlungen nicht schnell zu Ergebnissen führen, könnte der vom ihm angeführte politische Widerstand Aufwind bekommen und mit ihm die Interessen mächtiger lokaler Eliten, die sich durch den Prozess bedroht sehen.

Den Glauben in den Staat verloren

Der Erfolg der Treffen in Oslo und Havanna wird nicht nur vom Verhandlungsgeschick der Parteien abhängen, sondern auch von der Fähigkeit der Regierung, eine breite soziale und politische Unterstützung herzustellen. Bei aller berechtigten Hoffnung auf einen effizienten Verlauf kann und darf die Zivilgesellschaft nicht außen vorbleiben.

Nach Jahrzehnten des Krieges und fortwährenden Menschenrechtsverletzungen sehen die Menschen in den ländlichen Konfliktregionen die Guerilla nicht mehr als Vertretung ihrer Interessen an. Darüber hinaus haben sie den Glauben verloren, dass der Staat willens und fähig ist, ihre sozialen und wirtschaftlichen Probleme zu lösen. Heute bestehen sie darauf, dass ihr Schicksal nicht Verhandlungsstoff dieser beiden Parteien ist. Wenn das Ende des bewaffneten Konflikts zu dauerhaftem Frieden führen soll, müssen die Verhandlungen in einen breiteren gesellschaftlichen Dialogprozess übergehen, in dem Kolumbiens strukturelle Probleme angegangen werden und in dem die Bevölkerung und die demokratischen Institutionen Hauptakteure sind, hoffentlich unter der Teilnahme einer entwaffneten und integrierten FARC.

Während in Oslo und Havanna verhandelt wird, wird der Krieg im Land weitergehen. Die Regierung sperrt sich gegen einen Waffenstillstand, zum Teil aus guten Gründen. Die fortwährende Gewalt birgt jedoch die Gefahr der Destabilisierung. Beide Seiten müssten deshalb dazu gebracht werden, sich strikt an völkerrechtliche Standards zu halten. Das Vertrauen der geschundenen Bevölkerung in den Kriegsgebieten kann nur wachsen, wenn sofortige humanitäre Verbesserungen spürbar werden. Auf mittlere Sicht sollte ein Waffenstillstand angestrebt werden.

Ende der Gewalt nicht in Sicht

Kolumbien benötigt die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, bei den Verhandlungen vertreten durch Norwegen, Cuba, Venezuela und Chile. Wichtige Geber, die EU und USA eingeschlossen, sollten ihre politischen und finanziellen Zusagen erneuern und erhöhen insbesondere in Bezug auf die Verbesserung der humanitären Lage in den Konfliktgebieten. Sie können einen wichtigen Beitrag leisten, die Stimme von Menschenrechtsorganisationen, lokalen Friedensinitiativen und soziale Bewegungen zu stärken sowohl während des Verhandlungsprozesses als auch in einer darauffolgenden Aufbauperiode.

Auch wenn die Verhandlungen positiv verlaufen, ist ein Ende der politischen Gewalt in Kolumbien nicht in Sicht. Bewaffnete und kriminelle Gruppierungen werden das Land weiterhin bedrohen, so wie auch nicht alle Guerilla-Einheiten geschlossen am Friedensprozess teilnehmen werden. Für einige bleibt das Drogengeschäft weiterhin lukrativ. Dennoch würde ein Friedensvertrag mit der FARC ein bedeutender Schritt. Eine große Chance, die nicht verpasst werden darf.
 

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